# 7 Fussballprofi: ein erstrebenswertes Ziel?

In meiner 6 jährigen Tätigkeit in einer Nachwuchs- und Amateurabteilung eines Zweitligisten habe ich viele gute Nachwuchskicker kennengelernt. Und nur ganz wenige haben den Sprung nach oben geschafft.

Meiner Meinung nach sind aber fast alle, die in der A Jugendbundesliga spielen, taktisch, technisch und auch athletisch so gut geschult um in der Bundesliga den Durchbruch zu schaffen und doch ist dies nicht der Fall.

 

Die Frage die man sich da stellt ist doch, warum ist das so? Sind denn immer sportliche Gründe ausschlaggebend, oder ist da noch etwas anderes?

Ich habe mir viele Gedanken zu dem Thema gemacht. Fangen wir doch mal an das Ganze etwas genauer zu betrachten.

Der aussenstehende Fan sieht die fitten Sportler, die sich in einer der coolsten Sportarten miteinander messen und dann auch noch einen Haufen Geld damit verdienen. Tolle Sache.

Doch was heisst es wirklich, Fussballprofi zu sein? Was heisst es, sein alltägliches Leben dem Sport unterzuordnen? Immerhin trainieren die A Junioren ja auch 5 mal die Woche und müssen am Wochenende in der Meisterschaft antreten. Der Aufwand der Profis kann doch nicht viel grösser sein?

 

Im Nachwuchsbereich habe ich 4 verschiedene Typen Jugendliche kennengelernt. Es gab die, die sich masslos selbst überschätzten und Schwierigkeiten mit der Selbstreflexion hatten; meist waren es auch nicht die stärksten Schüler. Es gab die, die einen einwandfreien Charakter hatten, schulisch und sportlich Top waren und immer einen Plan B bereithatten. Meist hatten sie sich letztlich gegen den Profifussball entschieden. Erst neulich erzählte mir meine Frau von einer Arbeitskollegin, deren Sohn in der A Jugendbundesliga bei einem renommierten Bundesligisten spielt, der gesagt habe, dass wenn der Verein an ihn herantrete und ihm einen Profivertrag anbiete, er diesen nicht annehmen werde. Zu den möglichen Gründen kommen wir später.

Es gab die, die in der Masse mit schwammen. Und es gab diejenigen, die es letztlich schafften im bezahlten Fussball unter zu kommen.

 

Wenn wir nach aussersportlichen Gründen suchen, warum es die meisten nicht schaffen, oder nicht schaffen wollen, müssen wir uns die Entbehrungen anschauen, die man in Kauf nehmen muss, um das Ziel Profi zu erreichen.

 

Als erstes sind dort die körperlichen Entbehrungen zu nennen. Sport und Ernährung bestimmen das Leben. Neben Gewicht und Laktat wird teilweise (z.B. RB Leipzig) auch das Schlafverhalten kontrolliert. Die Sportler bewegen sich in einem strikt vorgegeben Plan. Ein Ausbrechen aus diesem, zB. bei schlechten Kontrollwerten, hätte gleich Konsequenzen (Zusatzeinheiten, Diät, Nichtberücksichtigung für den Kader). Die Sportler führen daher ein fast asketisches Leben, mit dem sich bei weitem nicht alle Nachwuchskicker anfreunden können/wollen.

 

Und es gibt erhebliche soziale Entbehrungen. Urlaubszeiten sind selten und kurz und auf die Winter- und Sommerpause beschränkt. Viel Zeit, um Freundschaften zu pflegen bleibt ihnen nicht. Ständig sind sie unterwegs zu Auswärtsspielen, die Wochenenden immer dicht. Auch die A Junioren in der Bundesliga betreiben einen immensen Aufwand, dennoch ist dieser nicht mit dem Profibereich zu vergleichen. 

Auch Umzüge und damit der Verlust der regionalen sozialen Kontakte können bei Vereinswechsel nicht ausgeschlossen werden. Gerade für junge Familien ein gravierendes Problem.

 

Hinzu kommt noch ein ganz wesentlicher Aspekt, den die Jugendspieler noch nicht kennen.

Die Sportler im Profibereich werden zu Personen des öffentlichen Interesses, zu Prominenten. Hört sich eigentlich ganz toll an, aber sind wir immer in der Stimmung als Privatperson zu jeder Zeit Autogrammwünsche zu erfüllen oder Selfies mit Fans zu schiessen? Bei genauer und differenzierter Betrachtungsweise kann man einen Dönerwurf eines bekannten Profifussballers sogar irgendwie nachvollziehen, wenn auch nicht gut heissen. Aber man muss ganz klar anmerken, dass die psychische Belastung eines Profis nicht nur auf dem Platz, sondern auch ausserhalb des Platzes im Privatleben, immens ist.

 

Und da sind wir schon beim nächsten und letzten Punkt. Der psychischen Stärke. Halte ich dem Druck stand? Schaffe ich es immer meine beste Leistung abzurufen, trotz Anfeindungen der gegnerischen Fans, trotz der Erwartungshaltung der eigenen Fans und des Vereins?

Man sollte nicht vergessen, dass nur Talent nicht ausreicht, um erfolgreich und vor allem glücklich zu werden (Sebastian Deisler). Und auch andere Profis sind hier als mahnendes Beispiel zu nennen. Z.B. Tobias Rau oder Marcell Jansen, der nach der Karriere sagte: „ Ich habe den Profifussball nie geliebt.“ Alle drei waren Nationalspieler und haben frühzeitig ihre Karrieren beendet.

 

Ich glaube ja, dass ab einem bestimmten Level nicht mehr das fussballerische Talent massgeblich für den Verlauf zur oder in der Profikarriere ist, sondern die Persönlichkeit des Sportlers. Und deshalb ist es ganz wichtig ein Umfeld zu haben, das einen vor Beginn der Karriere über mögliche Konsequenzen aufklärt, damit man von vornherein weiss was man will und was der Weg bedeutet. 

 

Wenn der junge Sportler dann immer noch bereit ist, diesen Weg zu gehen, sind die Chancen, das entsprechende Talent und passende Persönlichkeit/ Charakter vorausgesetzt, gar nicht so schlecht, es zu schaffen.

 

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